Karin Morgenthaler, Sozialarbeiterin, Mama, Bloggerin, …
Klimastreiks. Die Jugend streikt fürs Klima. Diese Schlagzeilen prägten die letzten Wochen unsere Zeitungen. Und nicht nur unsere notabene, nein, auch im Ausland war und ist das Klima und die streikende Jugend ein grosses Thema.
Junge Menschen engagieren sich also, gehen auf die Strasse, machen Lärm und auf sich und die Probleme der Welt bzw. des Klimas aufmerksam. Nehmen dafür in Kauf, einen Eintrag im Zeugnis zu riskieren, wegen «unerlaubtes Fernbleiben vom Unterricht».
In den sozialen Medien war das natürlich ein grosses Thema. Etwas untergegangen ist fast ein Bild mit einem Mädchen, welches ein Plakat in den Händen hält. Auf dem steht «es ist unsere Zukunft». Das «n» in Zukunft ist ganz klein, fein und dünn in roter Farbe geschrieben. Dies nahm nun ein erwachsener Mann, seines Zeichens Träger eines öffentlichen Amtes, zum Anlass, auf den sozialen Medien das Bild zu teilen mit dem Titel, dass die junge Dame wohl besser zur Schule geht, statt zu streiken – der Rechtschreibung wegen. Diese Aktion löst zweierlei Gefühle in mir aus.
Einerseits ein gewisses «Fremdschämen».
Andererseits ein ziemlich grosses Unverständnis.
Unverständnis, dass dies ernst gemeinter Kommentar ist, während die Jugend aufsteht, Lärm macht, für etwas kämpfen möchte. Ein Thema, das die Jugend, die nächste Generation mobilisiert, anstachelt, anfeuert, in den Bann zieht. Vielleicht mithilft, etwas bewusster mit dem Planeten Erde umzugehen. Menschen vereinigen sich, wollen gemeinsam etwas erreichen. Auch wenn durch Streiks alleine die Welt nicht besser wird; im Kleinen wird sie besser. Denn: GEMEINSAM ist das Stichwort. Das Erlebnis, gemeinsam für etwas einzustehen, ist doch etwas Wunderbares, Prägendes.
Fremdschämen, weil ein erwachsener Mann eine minderjährige Schülerin öffentlich anprangert, sie «blossstellt» bezüglich des vermeintlichen Schreibfehlers. Ich frage mich, ob das wirklich nötig ist und war – und wo hier die Vorbildfunktion bleibt. Es gibt schon genügend «Trolle» im Internet und in den Zeiten der Onlinekommentare bleiben Höflichkeit und Respekt oft aussen vor.
Und liebe junge Dame, falls du das liest: ich sehe das «n» sehr wohl. Es ist dort, fein, rot, genau dort, wo es hingehört. Vielleicht ging es zuerst im Eifer des Gefechts vergessen. Vielleicht hast du es extra klein geschrieben. Und nicht vielleicht, sondern hoffentlich, kannst du lachen über Erwachsene, die sich wegen diesem kleinen Buchstaben aufregen.
«Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wie viel er in sieben Jahren dazugelernt hatte.» Mark Twain – amerikanischer Schriftsteller